1. Die in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) zur Bestimmung des Grades der Behinderung (GdB) für einen Morbus Crohn aufgeführten Auswirkungen stellen lediglich Regelbeispiele dar, die weder kumulativ vorliegen müssen noch abschließend sind (Anschluss an LSG Essen vom 13.6.2014 - L 13 SB 371/13 und LSG Chemnitz vom 25.5.2005 - L 6 SB 55/04). Auch in den Regelbeispielen nicht explizit aufgeführte Beeinträchtigungen durch den Morbus Crohn können bei der Bemessung des GdB berücksichtigt werden.
2. Kann bei Vorliegen eines Morbus Crohn eine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes nicht festgestellt werden, führt dies nicht ausnahmslos dazu, dass maximal ein GdB von 40 angenommen werden kann (Anschluss an LSG München vom 25.4.2018 - L 2 SB 199/17).
Landessozialgericht Baden-Württemberg
L 3 SB 3164/23
26.06.2024
Eine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes ist keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eines Morbus Crohn mit schwerer Auswirkung.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat auf Anfrage des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen eine Stellungnahme zur Auslegung von Teil B, Ziffer 10.2.2 VMG abgegeben. Danach sind die in Teil B, Ziffer 10.2.2 VMG aufgeführten Symptome als Regelbeispiele zu verstehen und nicht abschließend (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juni 2014 – L 13 SB 371/13)
Schon eine bestehende Therapiebedürftigkeit mit Adalimumab (Humira©) in Verbindung mit der immunsuppressiven Therapie mit Azathioprin führt dazu, dass von einem Morbus Crohn mit schwerer Auswirkung ausgeht. Denn aufgrund der nicht selten auftretenden schweren Nebenwirkungen einer TNF-alpha-Therapie besteht die Zulassung hierfür nur bei einem aktiven und schwergradigen Morbus Crohn, wie sich aus der Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Morbus Crohn“ (Ergebnisse einer Evidenz-basierten Konsensuskonferenz der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten zusammen mit dem Kompetenznetz chronisch entzündliche Darmerkrankungen) aus dem Jahr 2008 ergibt
SG Hannover 25. Kammer
  24.07.2014  
  S 25 SB 556/12
Persistierende Durchfälle, die im Durchschnitt dreimal täglich, zu Spitzenzeiten bis zu siebenmal täglich, aber auch unter ausreichender Behandlung nur einmal täglich auftreten können und teilweise mit Analspasmen und Schmerzen im Analbereich, einer leichten Inkontinenz sowie einem Analekzem verbunden sind, können mit einem GdB von 40 bewertet werden, auch wenn keine Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes vorliegt.
Bayerisches Landessozialgericht 2. Senat
  25.04.2018 
  L 2 SB 199/17